As I gilded my embossed grid
I felt pity
For the child
Who once curled her fingers
Into a small fist
Around nothing – a void
Which turned out
To be
A heavy load
For the palm of her little hand
(by Xiane Sierocka-Stock)

As I gilded my embossed grid
I felt pity
For the child
Who once curled her fingers
Into a small fist
Around nothing – a void
Which turned out
To be
A heavy load
For the palm of her little hand
(by Xiane Sierocka-Stock)
Eine Fortsetzung meines Rückblicks auf das vergangene Jahr, das sollte hier folgen …
Nun hat mich die raue Gegenwart gleich zu Beginn des Neuen Jahres fest im Griff und ich muss mich erst einmal erholen.
Die Wirkung dieses Virus ist nicht sonderlich amüsant, auch wenn ich es leicht nehmen möchte. Selbst wenn man geimpft und geboostert ist, kann es einen heftig erwischen. Aber immer, wenn ich in diesen Tagen selbstmitleidig werden könnte, denke ich daran, wie schlimm es anderen ergangen ist, von denen sich viel zu viele nie mehr werden beklagen können, weil es sie aus der Existenz gerissen hat.
Klarheit. Wenn ich überlege, welches Motto ich zu Beginn dieses Jahres gewählt hätte, wäre ich eine, die solche, den Jahren vorauseilenden Wahlsprüche für sinnvoll erachtet, dann müsste es wohl „Klarheit schaffen“ heißen. Und gleich fällt der Imperativ auf, der geradezu nach dem Ausrufungszeichen zu verlangen scheint. Aber: Punkt. Einstweilen …
Inmitten der allgemeinen global wachsenden Unsicherheit rund um das neue Virus, die zu Anfang des Jahres bereits viele Opfer forderte, wo ich mich nicht mehr auf langsame Veränderungen und bleibende Routinen verlassen konnte (Ach ich, die immer meinte, fern der ausgetretenen Pfade zu gehen und eingefahrene Gleise zu meiden, musste erkennen, wie sehr ich mich doch dabei am Unbeweglichen, an trägen, sich wiederholenden Mustern „da draußen“ orientiert hatte.), wo uns niemand mehr irgendetwas wirklich Verlässliches sagen konnte und Multiplikatoren nur mehr Verwirrung schufen, konnte ich nichts anderes tun, als mich mit meiner eigenen inneren und äußeren Klarheit zu beschäftigen. Vor allem aber Klarheit schaffen. Es fällt gar nicht so leicht, den Fokus von all dem, was im Außen passiert, stagniert oder sich unberechenbar gebärdet, weg und auf sich und die eigenen unmittelbaren Angelegenheiten lenkt, die bisher – was nun offensichtlich wurde – umhüllt von weichzeichnerischen Nebelschwaden weitestgehend unaufgearbeitet vor sich hin gedämmert hatten. Aber dazu später mehr.
Meine Jahresziele 2021 …
… und was aus ihnen geworden ist …
In den kommenden Tagen erzähle ich etwas über die Themen, die mein Jahr 2021 überschattet und auch erhellt haben.
Ich habe heute meinen Jahresrückblick angefangen und werde ihn am 20. Dezember veröffentlichen! In den nächsten 20 Tagen werde ich hier über mein Jahr 2021 berichten. Stay tuned!" I started my review of the year today and will publish it on December 20th! In the next 20 days I will report here about my year 2021. Stay tuned!
Erst dachte ich, das Stück einer Algenpflanze treibe da auf mich zu. Dann meinte ich, es als ein winzigkleines, geflügeltes Insekt zu erkennen, das auf der Wasseroberfläche dahin trieb und alle Versuche, sich gegen das Ertrinken zu retten, bereits aufgegeben hatte. Vielleicht war es ja schon zu spät für dieses Leben.
Merkwürdig, wie viele Fragen einer in Sekundenbruchteilen durch den Kopf gehen: Wie ist das nur hierher geraten? Hat sich vielleicht weit hinausgewagt und nicht zurückgefunden? Ist es einer Möwe aus dem Schnabel gefallen und abgestürzt, mitten hinein in die Bucht, in den Atlantik? Wird untergehen, das zarte Geschöpf, wenn ich es nicht rette.
Ich versuche, so wenig zusätzliche Bewegung ins Wasser zu bringen wie möglich, als ich mich dem Tier entgegenschiebe, um es vorsichtig herauszuheben. Und da liegt es zunächst ruhig, gewichtslos und durchscheinend in meiner Handfläche, um dann doch die Flügel zu bewegen. Es lebt.
Jetzt erst erkenne ich: die Flügel sind Flossen. Im habe einen Fisch in der Hand, der mich anschaut und mir deutlich zeigt: Du hast mich ins falsche Element hinein gerettet.
Dann gleitet er aus meiner Hand wieder ins Wasser zurück, umkreist mich mit gewisser Neugier und erstaunlicher Furchtlosigkeit. Er sieht gar nicht mehr so hilflos aus wie er mir erschien, als ich noch dachte, er sei ein in der Weite des Ozeans verlorenes Insekt.
Anfang des Jahres auf dem Trödelmarkt einer niederrheinischen Stadt. Bin viel zu spät dran. Die Händler bauen ihre Stände bereits ab. Es ist kalt dort unter der Autobahnbrücke, klamm, die Stimmung ungemütlich. Eigentlich lohnt es sich gar nicht, über den Platz zu gehen. Schnäppchen dürften schon längst nicht mehr zu finden sein. Ich habe sowieso nur einen kleinen Geldbetrag bei mir, auch um nicht unbedacht vermeintliche „Schätze“ zu erstehen und mitzunehmen, die sich in Ballast wandeln, sobald sie die letzten Freiräume zwischen meinen Regalen besetzen. Vielleicht kann ich noch eine heiße Schokolade am Büdchen ergattern und mich unter dem Heizstrahler im Plastikpavillion aufwärmen.
Und dann entdecke ich doch noch mehrere Kisten, halb aufgeweicht auf schlammigem Untergrund, mit dicken Kunstbildbänden, anspruchsvoller Literatur, Fachbüchern, Fotoequipment und jeder Menge großformatigen Fotopapiers.
Zu schade, nicht alles erwerben, jetzt nicht aus dem Vollen schöpfen zu können. Mit weißgefrorenen Fingern schichte ich die Reste einer ehemals gut sortierten Bibliothek um. Hin wie her, mein Geld reicht nicht.
Unter den Büchern persönliche Unterlagen. Es macht traurig, den Menschen zu entdecken, dessen Nachlass auf dem Trödel verramscht wird, dessen unverkäufliche Habseligkeiten am selben Nachmttag noch in einer Müllpresse landen werden. Darunter auch zwei Kisten mit Studio-Bandaufnahmen, handbeschriftet. Briefumschläge mit der Adresse des offensichtlichen Buchliebhabers, Musikers und Fotografen liegen im Dreck. Richard Gleim aus Düsseldorf … Ich komme nicht gleich darauf, warum mir der Name vertraut klingt. Nun, ich bin Düsseldorferin …
Eilig, während der Entrümpler sie bereits wegzieht, wuchte ich drei schwere Bücher, u.a. einen Documenta-Katalog, aus einer Kiste und handle einen Preis aus, der mir noch einige Euro für den ersehnten heißen Kakao lässt. Ich schleppe sie zum Wagen und fühle mich doch nicht leichter, nachdem ich alles im Kofferraum abgeladen habe. Denn da bleiben Dinge zurück, die einen einmal viel gekostet und ihm wahrscheinlich noch viel mehr bedeutet haben. Es ist schon so schwer für mich zu ertragen, wenn Bücher verramscht werden, aber der Gedanke, man wird sie einstampfen, schmerzt mich enorm. Das gleiche gilt für die Tondokumente. Ich hätte gern gewusst, welcher Sound diesen Mann begleitet hat, welche Klänge er hinterlassen hat.
Später sitze ich auf der Holzbank und meine Finger habe ich mit der heißen Kakaotasse so weit aufgewärmt, dass ich das Smartphone wieder bedienen kann. Ich google nach dem mir so vertraut erscheinenden Namen und finde einen Wikipedia-Eintrag und jede Menge Nachrufe aus dem Juli 2019: Richard „ar/gee“ Gleim, Chronist der Punk-Szene der 1970/80er Jahre. Sogar ein Wikipedia-Artikel über ihn existiert. Seine Fotos haben auch mein Bild der 1980er Jahre geprägt, ohne dass mir sein Name präsent gewesen wäre. Teils haben sie sich sogar, wie ich mittlerweile festgestellt habe, mit meinen persönlichen Erinnerungen an Düsseldorf auf eigentümliche Weise vermischt. Ich dachte, ich hätte etwas erlebt – und vielleicht hat sich nur das eine oder andere Foto von Richard Gleim in meinem Gedächtnis so passend mit einem ganz bestimmten Lebensgefühl verbunden …
In letzten Tagen habe ich viel über ihn gelesen und mit Zeichenkohle versucht, mich ihm als Mensch wie er in den Berichten, Interviews und letztlich den Nachruf-Artikeln beschrieben worden ist, anzunähern und mir ein Bild von ihm zu machen.
Die Goldenen Zwanziger Jahre des letzten Jahrhunderts waren bekannterweise nicht für alle Menschen glänzend. Düster erlebte sie mein Großvater, der als Bergmanns arbeitete. Er wohnte mit seiner Familie in einer typischen Bergarbeitersiedlung im Ruhrgebiet. Von den Kindern, die meine Großmutter gebar, überlebten immerhin ein paar ihre ersten Jahre. Kurz vor dem frühen Tod meines Großvaters kam noch ein Nesthäkchen zur Welt, heftig verhätschelt von den Eltern, die sich schämten, da ihnen das letzte Kind im Grunde mehr Last als Freude brachte. In jenem Jahr jedoch, von dem ich hier erzähle, teilten sich nur die ersten vier Geschwister, die alles andere als verwöhnt wurden, ein Bett in der Küche. Meine Mutter Lydia war die zweitälteste Tochter.
Ihren Vater kannten die Kinder vor allem als einen schmächtigen, schwarzen Mann, der nicht sehr gesprächig war, wenn er vom Bergwerk heimkam. Wenig später jedoch, noch vor der Abendsuppe, strahlend weiß gewaschen und im frischen Hemd, saß er mit gekreuzten Beinen mitten auf dem Küchentisch, wo er im Licht der Gaslampe für die Familie nähte und stopfte. Großvater hatte ursprünglich das Schneiderhandwerk gelernt. So kam es, dass seine Kinder, trotz bitterer Armut, Kleidung trugen, die ganz ungewöhnlich ordentlich und unversehrt aussah, was seine Frau beglückte. Doch führte die besondere Fürsorge des Vaters dazu, dass der Neid Keile zwischen seine Kinder und die der anderen Bergleute trieb. Meine Mutter war darum als Kind froh, dass sie im Sommer selten selten passende Schuhe besaß und barfuß zur Schule gehen musste. Diesen Mangel teilte sie mit den anderen Kindern, er einte die Nachbarschaft.
Im Winter ging das ausgelatschte Paar Damenpumps, in denen der ältere Bruder über das Jahr Fußball auf dem Straßenschotter gespielt hatte, in den Besitz von Lydia über. Jetzt war es zu rutschig für ihn, um noch Spaß am Fußballspielen zu haben. Sie war als Mädchen, als Schickse, ohnehin vom Spiel der Jungen ausgeschlossen. Wie gerne wäre sie dabei gewesen, zumal sie eine sehr gute Sportlerin war. Jedenfalls hatte sie jetzt etwas an den Füßen, um mit Holzklötzchen das Kicken zu üben, wobei sie die viel zu großen Pumps durch ihre dicken Wollsocken an den Füßen hielt. Einmal nahm sogar ein Fotograf, der eigens aus dem fernen Berlin angereist war, um das Leben in den Straßen der Bergarbeitersiedlungen zu dokumentieren, ein Foto von ihr mit ihren Fußballpumps auf. Das war ein großer Moment gewesen und hatte sie mit Stolz erfüllt.
Am Heiligen Abend saß Lydia auf der Fensterbank des Elternschlafzimmers und schaute auf den zentralen Siedlungsplatz hinunter, an dessen Kopfende sich, in einem barackenartigen Gebäude, die einzige Wirtschaft der Gegend befand.
Es war feucht und extrem kalt im Schlafzimmer. Sie konnte sich nicht erinnern, dass der Ofen in diesem Raum schon einmal befeuert worden war. Trotzdem harrte sie aus. Denn gegen sieben Uhr an diesem Abend wiederholte sich jedes Jahr ein ganz besonderes Schauspiel.
Sie wartete. Derweil beobachtete sie ihren Atem, der wie Dampf vor ihr schwebte, sich an der Glasscheibe kriechend ausbreitete und im nächsten Augenblick zu einer feinen Schicht gefror, die sie mit dem Handballen ab rieb, um den Blick wieder freizumachen. Mittlerweile schwebten immer mehr Schneeflocken auf den Platz hernieder. Die Schneedecke wurde langsam dicker. In der Zechensiedlung war es so still wie nie. Hinter den Fenstern der gegenüberliegenden Häuser flackerte gelbliches Licht. Heute musste kein Bergmann auf Schicht unter Tage. Das Rad des Förderturms drehte sich nicht. Alle Kindern warteten jetzt auf den Weihnachtsmann, freuten sich auf Nüsse, einen besonders schönen, roten Apfel oder einen Peitschenpin, den er mitbringen würde.
Und da flog mit Schwung die Tür der Wirtschaft auf.
Ein Weihnachtsmann, der einen riesigen Sack geschultert hatte, trat in die Winterluft hinaus. Hinter ihm quoll Zigaretten- und Zigarrenrauch aus der Tür. Er blieb einen Moment stehen, schwankte ein bisschen und wandte sich nach rechts.
Jetzt war ein lautes Gepolter und Lachen zu hören.Zwei weitere Weihnachtsmänner mit zerzausten Bärten kamen Arm in Arm durch die Tür und liefen geradeaus in die Nacht hinein. Ihnen folgten etwa zehn, zwar rot gekleidete, aber sehr derangierte himmlische Kollegen, die „Oh Du Fröhliche“ grölten.
Drei Nachzügler hatten Schwierigkeiten, ihre Geschenksäcke jeweils mit der einen Hand zu umfassen und mit der anderen Hand Humpen, aus denen Bier schwappte, im Griff zu halten. In der Mitte des Platzes blieben sie eine Weile stehen, um sich zu verabschieden. Zwei setzen ihren Weg weiter fort, der andere blieb und trank den Humpen in einem Zug leer. Dann zögerte er, vollzog eine schwankende Drehung und schlurfte wieder zurück zur Wirtschaft. Dort stieß er auf zwei, drei, vier, fünf weitere Weihnachtsmänner, die gerade lachend in verschiedene Richtungen auseinander liefen.
Mindestens vier, dachte Lydia, mindesten vier davon, das sind wirklich tolle Weihnachtsmänner: breitschultrig, muskelbepackt und groß.
Auch die Dürren und Langen sahen gar nicht so übel aus. Selbst die stockbetrunkenen, bärbeißigen heiligen Männer machten noch was her.
Bloß nicht wieder, dachte Lydia.
Bloß nicht wieder so ein Kleiner wie in den letzten Jahren! Nur ein einziges Mal könnte sich doch einer von den großen Weihnachtsmännern auf den Weg zu unserem Haus machen… Meinetwegen dürfte der dann auch besoffen sein.
Jetzt wurde es langsam wieder ruhig auf dem Platz. Aber sie blieb geduldig.
Da öffnete sich noch einmal die Tür der Wirtschaft und sie beobachtete, wie sich der kleinste und ömmeligste aller Weihnachtsmänner auf den Weg machte und ausgerechnet, nicht anders als in den Jahren zuvor, mit schnellen Schritten schnurstracks auf sie zukam. Was für eine Enttäuschung!
Am nächsten Tag hockte der Vater mit Nadel und Faden hantierend auf dem Tisch, als Lydia von der Straße hereinkam und neben der Eingangstür die ausgetretenen Damenpumps abstreifte, an denen verklumpte Schneereste pappten. Die Mutter saß auf der Bank und strickte an einen bunten Schal aus Wollresten.
Na, Lilly, sagte der Vater, ohne von seiner Näharbeit aufzuschauen, ist denn der Weihnachtsmann gestern gekommen?
Ja, er war da, sagte Lydia, und drückte die pralle Schweinsblase fest an ihre Brust.
Leider war das wieder nur so ein mickriger, ömmeliger … Aber was soll’s. Guck mal, Papa, er hat mir einen Fußball geschenkt!
gen zun zen Kat, 2018
Textcollage
Gegen abend
legte sich stille
über das plattierte
land bis in die gemäuer
ritzen allein
ein beständiges
Summen ließ
auf- und ab
schwellend die luft vibrieren
uns ausschau halten
nach einem verirrten
bienenschwarm
unterm gebälk
Es war jedoch nichts
als die ferne
autobahn
deren herübergewehte
geräusche uns so vertraut
und daher vollkommen
natürlich tönten
Ach, murmelte
der späte gast,
du armes, armes
haus – wer hat dich
unbedacht mitten
hinein gesetzt
ins irgendwo?
Da kam mir eine
ahnung vom leben nicht
zwischen den dingen
in ihnen aufgestockt
im beton sogar
da atmete was
heraus aus der materie
Am morgen rückten wir stühle
zurecht um den tisch
auf dem terassenquadrat
als etwas herabkam
wie buntgemalt und schwebend
mitten zwischen uns
ins bleiche porzellan
Aus heiterem himmel
ein auge
ein schmetterlingsflügel
ein zeichen! riefen wir
wie aus einem munde
zur vorsicht gemahnt
reichten die kinder ihn herum
Ein wunder
aus dem nichts
ein pfauenauge
lernten sie
metamorphose
sagte eine erwachsene
und dann ein schwiegen
Denn es hatte begonnen
weitere flügel zu regnen
dutzende entleibte
nymphidae fielen herab
aus dem wolkenlosen blau
und da wollte keiner mehr
ein zeichen darin sehen
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